Die Geschichte der Thüringer Bratwurst
Die Thüringer Bratwurst blickt auf eine lange kulinarische Tradition zurück. Mehr als 600 Jahre Geschichte kann die Spezialität aus dem Herzen Deutschlands vorweisen. Sie reicht von der ersten urkundlichen Erwähnung in einem Kloster in Arnstadt im Jahr 1404 bis hin zur Anerkennung als regional anerkannte Spezialität durch die Europäische Union (EU). Hergestellt wird die Wurst heute noch immer nach strengem Reinheitsgebot. Und daran soll sich auch nichts ändern.
Das wohl älteste Thüringer Nationalgericht
Das Land Thüringen kennt drei weithin bekannte Nationalgerichte. Das sind neben dem Thüringer Blechkuchen auch der Thüringer Kloß und die Thüringer Rostbratwurst. Die jüngste Speise mit dem regionalen Flair ist wohl der Kloß. Er basiert auf Kartoffel, deren Anbau für den menschlichen Verzehr bekanntlich erst im Jahr 1757 in Thüringen verordnet wurde. Beim Blechkuchen und der Thüringer Bratwurst Geschichte aber scheiden sich die Geister. Viele halten den Kuchen für das älteste Gericht. Genau belegt ist das aber nicht.
Denn ohne Zweifel geht bei der Thüringer Bratwurst die Geschichte sehr weit zurück. Der Sage nach sollen die Serben Thüringer bereits im siebten Jahrhundert das östliche Thüringen besiedelt haben. Als Wegzehrung führten sie gehacktes Fleisch, gefüllt in Därme, mit sich, als ein starker Regen sie zur Rast zwang. Der Einfachheit halber hielten sie die ganze Rolle über ein Feuer und das war, so die Überlieferung, die erste Thüringer Bratwurst.
Wann wurde die Thüringer Rostbratwurst erstmals urkundlich erwähnt?
Ob sich diese Geschichte wirklich so zugetragen hat, das lässt sich heute nicht mehr mit Gewissheit belegen. Um zu klären, wann die erste Thüringer Bratwurst zubereitet wurde, sind überlieferte Sagen ohnehin keine sehr sichere Basis. Denn das muss mit guten Quellen hieb- und stichfest belegt werden. Zum Glück weisen unterschiedliche Texte und Dokumente aus den verschiedenen Archiven des Landes Thüringen auf die Bratwurst als spezifisches Produkt hin. Und dieses Produkt soll tatsächlich schon im frühen fünfzehnten Jahrhundert im Großraum Thüringen hergestellt worden sein.
Zum ersten Mal urkundlich erwähnt wird das in einem Dokument, das aus dem Jahr 1404 stammt. Zu finden ist es im Staatsarchiv in Rudolstadt. Es handelt sich um eine Abrechnung aus dem Jungfrauen-Kloster in Arnstadt. Dort aufgeführt sind Därme für Bratwurst. Genau genommen findet sich in der Rechnung der Propstei ein Eintrag über die Zahlung von einem Groschen für die Därme.
Entdeckt wurde dieses Dokument erst im Sommer des Jahres 2000 - mit ernsthaften Folgen für die Bratwürste aus Franken. Denn zuvor beanspruchte Nürnberg die älteste urkundliche Erwähnung einer Bratwurst für sich. Das stammt aus dem Jahr 1595 und war ein Rezept für eine Wurst der Nürnberger Metzgerzunft.
Nun tobt zwischen Thüringen und Franken ein Streit. Doch dass es sich bei dem Dokument aus Arnstadt tatsächlich um die erste urkundliche Erwähnung einer Thüringer Bratwurst handelt, gilt als sicher. Immerhin zählt Arnstadt ohne Zweifel zum Thüringer Kernland. Wichtig ist das, weil Teile Thüringens, in erster Linie südlich des Rennsteigs, allein schon wegen des Dialekts von einigen Zeitgenossen dem fränkischen Kulturraum zugeschlagen wird. Ein Vorschlag zur Güte, nämlich dass die Bratwurst etwa zeitgleich in Thüringen und Franken aufkam, lässt sich per Urkunde nicht belegen.
Ein frühes Reinheitsgebot
Auch mit dem Reinheitsgebot waren die Menschen in Thüringen recht früh dran. Das jedenfalls geht aus der Weimarer Fleischhauerordnung für Leber-, Brat- und anderen Würste von 1432 hervor.
Die "Lex et littera carnificum" vom 3. Dezember 1432 wurde als das Gesetz für die Knochen- oder Fleischhauer veröffentlicht. Dort ist schriftlich festgelegt, dass eine Bratwurst nicht wandelbar sein durfte. Das bedeutete nichts anderes, als dass sie nicht gammelig daherkommen sollte. Für ihre Herstellung war es den Fleischern deshalb auf das Strengste untersagt, Milzen, Nieren oder Herzen sowie anderes "Ungefährde" zu verwenden. Damit ist das Reinheitsgebot für eine Thüringer Bratwurst auch noch viel älter als das Reinheitsgebot für Bier und zwar um ganze 84 Jahre. Denn das stammt erst aus dem Jahr 1516.
Ebenfalls im Staatsarchiv Weimar liegt das bisher älteste bekannte Rezept zur Fertigung einer Thüringer Bratwurst. Es wurde am 2. Juli 1613 in einer Anordnung für das Fleischerhandwerk zu Weimar, Buttstädt und Jena niedergeschrieben. Der Paragraph 25 dieses Buches erwähnt auch eine geräucherte Thüringer Bratwurst. Eingang in die Literatur fand die Thüringer Spezialität im Jahr 1669. In seinem berühmten Werk über den 30jährigen Krieg "Der abenteuerliche Simplicissimus Teutsch" pries Johann Jacob Christoffel von Grimmelshausen aus Gelnhausen im Werratal die Thüringer Bratwurst.
Das erste gedruckte Rezept für eine Thüringer Bratwurst findet sich im Thüringisch-Erfurtischen Kochbuch des Jahres 1797. Auch dieses Buch beschreibt Räuchern als Form der Haltbarmachung. Das traf voll und ganz auf den Geschmack des Freiherrn und deutschen Dichterfürsten Johann Wolfgang von Goethe. Der hatte um 1800 eine Schwäche für mit Majoran gewürzte und geräucherte Bratwürste.
Thüringer Bratwurst Geschichte der Neuzeit
Bis in das 19. Jahrhundert war das Essen von Bratwürsten bei weiten Teilen der Menschen eher die Ausnahme. Nur das Bürgertum konnte sich den Verzehr regelmäßig leisten. Ab der Zeit des Biedermeier waren dann die Bratwurststände an Ausflugsgaststätten ein beliebtes Ziel der Familien auf ihren Sonntagsspaziergängen.
Thüringer Bratwurst Geschichte wurde bald auch auf Markttagen und Volksfesten geschrieben. Charakteristisch war der sogenannte Thüringer Weihrauch. Das ist der Geruch von Rostbratwürsten, die auf Holzkohle gegrillt und gelegentlich mit Bier abgelöscht wird. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dann etabliert sich der Freitag als Bratwursttag. Denn freitags bekamen die Arbeiter ihren Wochenlohn ausgezahlt.
Am 17. Dezember 2003 schlägt die Thüringer Bratwurst Geschichte eine neue Seite auf. Die EU erkennt die Bezeichnung "Thüringer Rostbratwurst" als regional geschützte Angabe an. Die Vorschrift: Eine solche Wurst muss mindestens 15 Zentimeter Länge haben und in Thüringen gefertigt worden sein. Das Brät muss aus entfettetem grobem Schweinefleisch und Schweinebacken ohne Schwarte bestehen. Dazu kommt eventuell noch Kalb- oder Rindfleisch ohne Sehnen. Die Gewürze dürfen lokal durchaus unterschiedlich sein. In die Mischungen gehören neben Salz und Pfeffer auch Majoran, Kümmel, getrocknete Kräuter oder Knoblauch.
Gereicht wird eine Thüringer Bratwurst in der handlichen Art und Weise in einem längs zu etwa Zwei Dritteln aufgeschnittenen Brötchen. Als Senf empfiehlt sich selbstverständlich nur der originale Thüringer Senf. Er besteht aus gemahlener Senfsaat, verfeinert mit Brandweinessig und ein wenig Meerrettich. Mehr darf darin nicht enthalten sein.
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